Sam

Dafür würde Sam alles geben: Beim Gipfelkreuz zu stehen, ganz oben auf einem Berg. Der Wind pfeift ihm um die Ohren. Der Blick geht weit ins Tal hinunter. Das Herz pumpt noch vom Aufstieg. Tritt für Tritt in der steilen Wand. Gesichert, behutsam und doch irgendwie ungeduldig, dass man endlich oben ankommt. Ja, das wäre wirklich mal etwas ganz anderes als in der Kletterhalle, wo er regelmässig klettert. Das wäre auch eine richtige Herausforderung. Denn Sam hat Wachstumsstörungen bei seinen Knochen, die dazu führen, dass er beim Gehen humpelt. Cristiana, seine Bezugsperson im Wohnheim, weiss, dass er sehr ausdauernd ist und abenteuerlustig sowieso. Warum sollte man Sam nicht seinen Herzenswunsch erfüllen. Und so meldete sie sich bei der Stiftung Wunderlampe, die ihn mit einem denkwürdigen Ausflug überraschen würde.

Alle hielten dicht. Und so war die Überraschung perfekt: Eines Morgens erfuhr Sam, dass er im Schatten des Eiger den Rotstock-Klettersteig erklimmen würde. 450 Höhenmeter hoch und runter, Drahtseilen folgend und über Leitern, deshalb auch der mittlere Schwierigkeitsgrad. Begleitet wurde Sam von seinen Schwestern Salea und Nevita und vom erfahrenen Bergführer Martin Reber. Zuerst rüsteten sich alle aus mit Helm, Klettergstältli, Karabinerhaken und Seilen. Dann ging es auch schon los. Wie Sam es sich immer vorstellte, so kletterte er jetzt wirklich den Berg hoch. Sicher und umsichtig geführt. Sam war sehr konzentriert. Dann wieder mal ein Blick zurück, um zu sehen, was er schon geschafft hat. Er war begeistert. Ruhig setzte er seine Schritte immer weiter Richtung Gipfel. Es gab anspruchsvolle Stellen. Aber Sam war immer Herr der Lage. Sein Training zahlte sich jetzt aus. Ja, und dann war es tatsächlich geschafft. Sam erreichte den Rotstock-Gipfel. Juhui! Er strahlte übers ganze Gesicht. Stolz posierte er neben dem Gipfelkreuz. "Ich fühle mich richtig wohl" sagte er zufrieden und genoss das erfüllende Gefühl, etwas ganz Tolles geleistet zu haben. Wer hätte das gedacht! Aber, jetzt nur nicht auskühlen. Sam verpflegte sich und zog sich etwas Warmes an. Dann begann er mit dem Abstieg. Unten im Tal angekommen war Sam doch etwas müde. Aber seine Augen leuchteten vor Freude. Er war der Stern, um den heute alle kreisten. Auch seine Schwestern und Bergführer Martin freuten sich, bei einer ganz besonderen Wunscherfüllung dabei gewesen zu sein. Welchen Gipfel Sam wohl als nächsten ins Auge fasst?